Nanomaterialien und Nanotechnologie haben in den letzten Jahrzehnten immer mehr Aufmerksamkeit erhalten und seit den 1980er Jahren ein neues Feld in Forschung und Entwicklung geschaffen. Durch interessante Eigenschaften und Merkmale werden Nanomaterialien zunehmend in viele Produkte integriert. In der EU fallen Nanomaterialien unter die bestehende REACH- und CLP-Definition eines Stoffes, und es gelten die Bestimmungen beider Verordnungen.
Was sind Nanomaterialien?
Nanomaterialien sind Materialien, die mindestens eine Dimension zwischen 1 und 100 Nanometern (nm) aufweisen - 1 nm ist 10-9 Meter. Aufgrund ihrer sehr geringen Größe haben Nanomaterialien eine deutlich größere spezifische Oberfläche pro Volumen. Infolgedessen können Nanomaterialien im Vergleich zum entsprechenden gröberen Bulkmaterial andere oder verbesserte Eigenschaften aufweisen.
Die Europäische Kommission hat am 18. Oktober 2011 die folgende Definition eines Nanomaterials veröffentlicht:
„„Nanomaterial“ ist ein natürliches, bei Prozessen anfallendes oder hergestelltes Material, das Partikel in ungebundenem Zustand, als Aggregat oder als Agglomerat enthält, und bei dem mindestens 50 % der Partikel in der Anzahlgrößenverteilung ein oder mehrere Außenmaße im Bereich von 1 nm bis 100 nm haben. In besonderen Fällen kann der Schwellenwert von 50 % für die Anzahlgrößenverteilung durch einen Schwellenwert zwischen 1 % und 50 % ersetzt werden, wenn Umwelt-, Gesundheits-, Sicherheits- oder Wettbewerbserwägungen dies rechtfertigen.”
Die Definition ist eine Empfehlung, die als Referenz verwendet werden soll, um zu entscheiden, ob ein Material für legislative und politische Zwecke in der EU als „Nanomaterial“ betrachtet werden sollte.
Der Anhang VI der REACH-Verordnung (geändert durch die Verordnung (EU) 2018/1881 der Kommission) enthält eine Definition für eine Nanoform, die anzuwenden ist, um die unter REACH geltenden Anforderungen zu bestimmen:
„Eine Nanoform ist eine Form eines natürlichen oder hergestellten Stoffes, der Partikel in ungebundenem Zustand, als Aggregat oder als Agglomerat enthält und bei dem mindestens 50 % der Partikel in der Anzahlgrößenverteilung ein oder mehrere Außenmaße im Bereich von 1 nm bis 100 nm haben, sowie abweichend auch Fullerene, Graphenflocken und einwandige Kohlenstoff-Nanoröhren mit einem oder mehreren Außenmaßen unter 1 nm.“
Der Anhang VI definiert weiterhin Partikel, Agglomerate und „Kategorie ähnlicher Nanoformen“.
Regulatorische Maßnahmen in der EU: REACH und CLP
In der EU werden Nanomaterialien im Rahmen der REACH- und CLP-Verordnungen behandelt. Daher müssen Industrie und Behörden ihre Verpflichtungen erfüllen und ihre Aufgaben innerhalb der verschiedenen REACH- und CLP-Prozesse für Nanoformen wie für jede andere Form eines Stoffes durchführen.
Registrierungspflichten
Gemäß der Verordnung (EU) 2018/1881 der Kommission – zur Änderung der REACH-Anhänge zur Berücksichtigung von Nanoformen von Stoffen – gelten ab dem 1. Januar 2020 eindeutige gesetzliche Anforderungen unter REACH für Unternehmen, die Nanoformen herstellen oder importieren. Diese Meldepflichten beziehen sich auf spezifische Informationsanforderungen, die in den überarbeiteten Anhängen I, III und VI-XII REACH wie folgt beschrieben werden:
- Stoffsicherheitsbeurteilung (Anhang I);
- Charakterisierung von Nanoformen oder Gruppen von Nanoformen, die unter die Registrierung fallen (Anhang VI);
- Anforderungen an die Registrierungsinformationen (Anhang III und Anhänge VII-XI); und
- Pflichten der nachgeschalteten Anwender (Anhang XII).
Kommunikation in der Lieferkette via Sicherheitsdatenblatt
Im Juni 2020 wurde eine Änderung des Anhangs II REACH (Verordnung (EU) 2020/878) zu den Anforderungen an den Inhalt des Sicherheitsdatenblatts (SDB) im Amtsblatt veröffentlicht.
Diese Aktualisierung berücksichtigt insbesondere die spezifischen Anforderungen in Bezug auf Nanoformen, die durch die Verordnung (EU) 2018/1881 eingeführt wurden. Infolge dieser Änderung muss das Sicherheitsdatenblatt in jedem relevanten Abschnitt angeben, ob und welche verschiedenen Nanoformen es abdeckt, und die relevanten Sicherheitsinformationen mit jeder dieser Nanoformen verknüpfen.
Nützliche Links
- EU-Beobachtungsstelle für Nanomaterialien (EUON): Überblick über Änderungen im REACH-Anhang und verfügbare Methoden
- ECHA's Webseite zu Nanomaterialien unter REACH und CLP
- ECHA's Q&A Seite zu Nanomaterialien unter REACH
Nützliche Leitliniendokumente der ECHA
- ECHA Appendix for nanoforms applicable to the Guidance on Registration and Substance Identification
- Leitlinien zu Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung für Nanomaterialien
- ECHA-Leitlinie zur Gruppierung und zum Analogieschluss zwischen Nanoformen
Nützliche Quellen der OECD
- OECD Nanomet: Auf dem Weg zu maßgeschneiderten Sicherheitsprüfmethoden für Nanomaterialien
- Leitfaden für die Prüfung von hergestellten Nanomaterialien: OECD-Förderprogramm – Erste Revision
- Datenbank zur Forschung über die Sicherheit von hergestellten Nanomaterialien
Andere nützliche Quellen
- NanoFabNet
- UNITAR's Leitfaden zur Entwicklung einer nationalen Nanotechnologie-Politik und eines Programms
- WHO-Richtlinien zum Schutz von Arbeitnehmern vor potenziellen Risiken durch hergestellte Nanomaterialien: Empfehlungen
- UNEP „Strategic Approach to International Chemical Management“ Webseite zu Nanomaterialien und Nanotechnologien
- FAO und WHO „State of the art on the initiatives and activities relevant to risk assessment and risk management of nanotechnologies in the food and agriculture sectors“
- Expertentreffen von FAO und WHO zum Thema „Anwendung von Nanotechnologien im Lebensmittel- und Landwirtschaftssektor: mögliche Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit“ – Juni 2009
ECHA Webinar Registrierung von Nanoformen: Praktische Hinweise
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